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20.5.2021

 

Wie gefährlich ist SarsCoV2?

Es besteht kein Zweifel, dass SarsCoV2 ein neuartiger Virus ist, der eine schwere und gerade für ältere und vorerkrankte Menschen lebensbedrohliche Erkrankung auslösen kann. Das Ausmaß der Bedrohung war in den ersten Monaten der Pandemie nicht abzuschätzen und die Maßnahmen waren nachvollziehbar.

Das RKI hat am 9.4.2020 eine "bundesweite, bevölkerungsrepräsentative, seroepidemiologische Studie" angekündigt und "für Juni 2020 erste Daten über 15.000 Personen an 150 Studienorten zur tatsächlichen Verbreitung, Immunität, Anteil der asymptomatischen Infektionen, die tatsächliche Sterberate und Risikofaktoren für einen schweren Verlauf in der Bevölkerung in Deutschland" in Aussicht gestellt.

Im Mai 2020 antwortet der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Gebhart auf eine Nachfrage nach dieser Studie im Bundestag, dass sich "der Studienzeitraum von Corona-Monitoring bundesweit“ von Mai 2020 bis Ende 2020 erstreckt.

Am 10.2.2021 wird in der Gesundheitsberichtserstattung des Bundes (von RKI und Destatis) das inzwischen in RKI-SOEP Studie umbenannte Projekt erneut beschrieben und die Datenerhebungsphase für Oktober 2020 bis voraussichtlich Februar 2021 angekündigt. Es wird zurecht festgestellt, dass "bisherige Antikörper-Studien lokal oder regional durchgeführt oder  auf bestimmte Settings wie Betriebe, Bildungs- oder Gesundheitseinrichtungen oder auf überdurchschnittlich gesunde Bevölkerungsgruppen begrenzt waren" und somit keine repräsentative Daten liefern.

Während nach meinem Kenntnisstand bis heute keine Ergebnisse einer bundesweiten, bevölkerungsrepräsentativen Studie vorliegen, zeigen zahlreiche internationale Studien, dass die Mortalität von SarsCoV2 deutlich geringer ist, als vom Bundesinnenministerium zu Beginn der Pandemie angenommen.

Ist unser Gesundheitssystem überlastet?

Der Beirat des Bundesgesundheitsministeriums stellt in seiner Analyse der Krankenhäuser im Jahr 2020 in Deutschland fest, „dass die Pandemie zu keinem Zeitpunkt die stationäre Versorgung an ihre Grenzen gebracht hat. Im Jahr 2020 wurden 172 248 Fälle (nicht Personen, da verlegte Patienten mehrfach zählen) mit Covid19 behandelt. Gemessen an der vorhandenen Bettenkapazität ergibt sich eine durchschnittliche Belegungsquote von 1,3% durch COVID-19 Patienten. Die höchsten tagesbezogenen Belegungsquoten gab es in der zweiten Dezemberhälfte mit knapp 5% aller Betten. Die mittlere Verweildauer der Behandlungsfälle mit COVID-19 lag bei 11,2 Tagen, was 1,9% aller Verweildauertage entspricht. Für COVID19 Patienten auf Intensivstationen ergibt sich eine durchschnittliche Belegungsquote von 3,4% oder 4,9% aller Verweildauertage.“

Auch wenn ich nicht alle Kritikpunkte des entsprechenden Thesenpapiers teile, weist eine renommierte Autorengruppe zu Recht daraufhin, dass die Anzahl der zur Verfügung stehenden Intensivbetten laut offiziellem Register der Deutschen Vereinigung für Intensivmedizin und des RKI während der Pandemie abgenommen hat.

Es steht außer Zweifel, dass zahlreiche Pflegekräfte und Ärzte im Rahmen der Pandemie an Ihre Belastungsgrenze gekommen sind und Außergewöhnliches geleistet haben. Leider hat es die Politik verpasst gerade im Pflegebereich den steigenden Anforderungen in der Pandemie mit einer entsprechenden Anpassung des Lohnniveaus entgegenzuwirken und somit die adäquate medizinische Versorgung zu stärken.

 

7 Tage Inzidenz

Das RKI definiert als „COVID 19 Fall“ auch Menschen mit positivem Test ohne entsprechende Symptome. Damit bezieht sich die sogenannte „7 Tage Inzidenz“ auf die Anzahl der positiven PCR Tests. Im Gegensatz zum RKI belegt ein positiver PCR Test alleine ohne Symptome, die auf eine Erkrankung hinweisen, laut WHO weder eine Erkrankung, noch eine Ansteckungsgefahr. Wie viele der im PCR Test Positiven tatsächlich infektiös sind, ist unklar, auch da es (siehe u.a. PEI) keinen internationalen Standard für die durchgeführten PCR Tests gibt.

Während es für zahlreiche Laborparameter in einer Richtlinie der Bundesärztekammer genau definierte Qualitätsanforderungen gibt, die durch regelmäßige Teilnahme an Ringversuchen nachgewiesen werden müssen, gibt es solche Bestimmungen bisher für den PCR Test auf SarsCoV2 nicht.

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags bestätigt, „dass ein wichtiges Kriterium zur Bestimmung der Kontagiösität der sog. Ct-Wert liefert. Dieser Laborwert gibt an, wie viele Zyklen ein PCR-Test durchlaufen musste, um ein positives Ergebnis zu zeigen. Je höher der Wert ist, desto weniger Viruslast ist vorhanden. Nach Ansicht von Christian Drosten sollte in diesem Zusammenhang vermehrt auf Infektiosität statt auf Infektion getestet werden. Drosten führt aus, dass „eine niedrige Viruslast bedeutet, dass ein Patient nicht mehr ansteckend ist. Würden wir uns zutrauen, aus den inzwischen vorliegenden wissenschaftlichen Daten eine Toleranzschwelle der Viruslast abzuleiten, könnten Amtsärzte diejenigen sofort aus der Quarantäne entlassen, deren Viruslast bereits unter die Schwelle gesunken ist. Es würden wohl die allermeisten sein.“ Auch bei einem erstmaligen positiven Test mit hohem Ct-Wert bei symptomlosen Menschen sollte der Test wiederholt werden, bevor diese Menschen als mögliche Krankheitsüberträger eingestuft werden.

Die 7 Tage Inzidenz ist bei ständig wechselnder Teststrategie ohne Berücksichtigung des Anteils positiver Tests ohne Berücksichtigung des Ct Wertes und des Anteils von Patienten mit Symptomen und ohne regelmäßige verpflichtende Qualitätssicherung der Labore kein geeigneter Wert, um die Bedrohlichkeit der Virusausbreitung für eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems darzustellen. Besser geeignet wäre z. B. die Anzahl der neu auf Intensivstationen aufgenommenen Patienten pro Tag. Forderungen in dieser Richtung (siehe hier, hier, hier, hier, hier und hier) von zahlreichen Experten werden von der Politik bisher ignoriert.

An oder mit SarsCoV 2

Es führt zu einer relevanten statistischen Unsicherheit, dass Erkrankte oder Verstorbene an oder mit COVID19 nicht unterschieden werden. Um verlässliche Daten zu erhalten, sollte die Diagnose COVID19 vom Arzt gestellt werden, wenn typische Symptomen und ein positiver Test mit entsprechendem Ct-Wert bestehen. Bei Verstorbenen mit unklarer Todesursache sollte eine Obduktion durchgeführt werden. Entgegen den Empfehlungen des RKIs zu Beginn der Pandemie, bei SarsCoV2 Infektion Leichenschauen zu vermeiden, haben diese zu besserem Verständnis der Erkrankung beigetragen (insbesondere das Auftreten von Durchblutungsstörungen identifiziert) und eine therapeutische Verbesserung mittels großzügigem Einsatz von blutverdünnenden Medikamenten ermöglicht.

 

Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit der Impfung

Es ist üblich, dass Zulassungsstudien durch die Pharmafirmen durchgeführt und veröffentlicht werden, die die Impfstoffe entwickelt haben. Den Zulassungsbehörden (z. B. FDA in den USA und EMA in Europa) müssen alle Originaldaten der Studien vorgelegt werden, die der Öffentlichkeit unter Verweis auf den Patentschutz bisher nicht uneingeschränkt zugänglich sind.

Die EMA berichtet über den in Deutschland mit Abstand am häufigsten eingesetzten Impfstoff Comirnaty® von Pfizer/Biontech analog zur Publikation und der Pressemitteilung des Herstellers von einer 95%igen Wirksamkeit zur Verhinderung von symptomatischen SarsCoV2 Infektionen, die von jeweils etwa 18000 Menschen nur bei 8 Geimpften und 162 Nicht-Geimpften aufgetreten sind.

Die FDA berichtet, dass mögliche Symptome von COVID19 (ohne positiven Test) deutlich weniger wirksam verhindert werden konnten (1185 Geimpfte und 1529 Nicht-Geimpfte hatten solche Symptome ohne Berücksichtigung der Woche nach der Impfung).

Auch für die weiteren zugelassenen Impfstoffe exisitieren ähnlich gute Daten zur Reduktion von symptomatischen SarsCoV2 Infektionen.

Da für Menschen mit hohem Risiko für einen schweren Verlauf eine möglichst rasche Verfügbarkeit von Impfstoffen gewünscht war, ist nachzuvollziehen, dass für die Notfallzulassung der Impfstoffe der Nachweis einer wirksamen Verhinderung von symptomatischen SarsCoV2 Infektionen ausreichend war und die Sicherheitsdaten angesichts der Beobachtungszeit von nur wenigen Monaten nicht optimal sind.

 

Zu erwarten ist aber, dass die zuständigen Behörden anschließend sicherstellen, dass die ausstehenden Daten möglichst rasch erhoben werden.

In Deutschland ist das Paul Ehrlich Institut (PEI) für die Sicherheit von Impfstoffen zuständig. Das PEI überwacht die Sicherheit der SarsCoV2 Impfstoffe mit dem seit langem angewendeten System, bei dem alle Meldungen zu möglichen Nebenwirkungen gesammelt und ausgewertet werden.

 

Die Initiative für eine solche Meldung geht vom betreuenden Arzt aus, der eine entsprechende Diagnose stellen muss. Da eine solche Meldung mit bürokratischem Aufwand verbunden ist und nicht vergütet wird, ist davon auszugehen, dass eine relevante Anzahl von Nebenwirkungen der Impfung nicht gemeldet werden. Als Arzt eine mögliche Nebenwirkung zu erkennen ist unwahrscheinlicher, wenn ein anderer Arzt (z. B. im Impfzentrum) geimpft hat, je älter und kränker der Patient ist, je mehr Zeit zwischen Impfung und Auftreten der Nebenwirkung liegt und je seltener eine Nebenwirkung ist.

Das PEI selbst stellt fest, dass „Melderaten keine Inzidenzen darstellen, da davon auszugehen ist, dass nicht alle Fälle spontan gemeldet wurden (Dunkelzifferrate)“ und „selbst bei schwerwiegenden Nebenwirkungen eine Dunkelzifferrate anzunehmen ist, was zu einer Unterschätzung des Risikos führen würde“.

Dennoch beruhen die regelmäßigen „Sicherheitsberichte“ des PEI auf der unzuverlässigen Datenlage der Spontanmeldungen mit entsprechend unklarer Dunkelzifferzahl. Es wurden bis Ende April 2021 4916 Verdachtsfälle von schwerwiegenden Nebenwirkungen gemeldet, bei 223 wurde nicht angegeben nach welchem Impfstoff. 527 dieser Verdachtsfälle sind verstorben, bei 60 von den Verstorbenen ist der Impfstoff nicht bekannt.

Natürlich ist der Hinweis wichtig und korrekt, dass diese Ereignisse in zeitlichem Zusammenhang stehen und damit kein ursächlicher Zusammenhang nachgewiesen ist. Es wäre aber Aufgabe des PEI mittels statistisch geeigneter Methoden nachzuweisen, ob ein Zusammenhang besteht, was aus meiner Sicht nicht mit ausreichendem Engagement versucht wird.

Das Angebot des PEI einer App zur aktiven Nachverfolgung von möglichen Nebenwirkungen entspricht keiner systematischen Nachverfolgung und spricht v.a. junge Menschen an. Eine statistische Zwischenauswertung der SafeVac 2.0-App-Befragung ist angekündigt, wenn ausreichend Personen verwertbare Angaben gemacht haben.  Bis heute ist nach meinem Kenntnisstand eine solche Auswertung nicht veröffentlicht worden.

 

Im epidemiologischen Bulletin des RKI vom 12.5.2021 wird die verfügbare Datenlage analysiert und es werden 20 Studien als relevant zitiert, die die Wirksamkeit der Impfung hinsichtlich des Auftretens einer SarsCoV2 Infektion untersuchen. Keine der zitierten Studien wurde in Deutschland durchgeführt. Die Studie mit dem am Abstand größten Patientenkollektiv und einer gut definierten Kontrollgruppe wurde in Israel für Comirnaty® durchgeführt. Die Daten wurden von einer großen israelischen Krankenversicherung erhoben, mehrere Autoren des Artikels erhalten finanzielle Unterstützung vom Hersteller Pfizer. Für alle fünf beobachteten Endpunkte (Nachweis einer SarsCoV2 Infektion, symptomatische COVID19 Erkrankung, Hospitalisation wegen COVID19, schwerer Verlauf von COVID19, Tod durch COVID19) konnte eine sehr gute Wirksamkeit durch die Impfung gezeigt werden. Leider ist die Beobachtungsdauer mit im Mittel 15 Tage sehr kurz, auch da in Israel sehr schnell große Teile der Bevölkerung geimpft wurden und mit Impfung der jeweils zugeordneten Kontrollperson die Beobachtung beendet wurde.

 

Daten und Behauptungen von Kritikern der Maßnahmen

Ich unterstütze Menschen, die sich für Ihre Grundrechte einsetzen und sich bei Ihrer Kritik auf seriöse Quellen berufen. Die offiziellen Daten von z. B. RKI, WHO, PEI, EMA bieten Anlass genug für Kritik. Auf manchen Demonstrationen und in sozialen Netzwerken werden von Kritikern der Pandemiemaßnahmen nicht belegbare Informationen aus unseriösen Quellen verbreitet, von denen ich mich eindeutig distanziere.

Ich distanziere mich wie die große Mehrheit der Demonstranten von rechtsextremen oder radikalen Gedanken. Gleichzeitig weise ich darauf hin, dass die Anwesenheit von einzelnen Menschen mit radikaler Gesinnung nicht zur pauschalen Diffamierung von regierungskritischen Bewegungen benutzt werden darf.  Es ist absurd, Demonstrationen als „verfassungsfeindlich“ einzustufen, die den Erhalt der Grundrechte als Motto haben.

Falls tatsächlich eine Überlastung des Gesundheitssystems droht, kann es gerechtfertigt sein, auf Demonstrationen Abstandsregeln oder eine Maskenpflicht einzufordern, Demonstrationen im Freien aus Infektionsschutzgründen zu verbieten, halte ich nicht für verhältnismäßig.

Jeder, der nicht belegbare Behauptungen aufstellt oder verbreitet, der sich extremistisch äußert oder sich von solchen Äußerungen nicht distanziert, gefährdet die Glaubwürdigkeit der Bewegung, für die er sich vermeintlich einsetzt.

 

Zusammenfassung

Die Datenqualität zur Beurteilung der Pandemie ist in Deutschland schlecht. Tendenziell wird aufgrund der Art der Erfassung die Gefahr durch SarsCoV2 eher überschätzt. Daten zu Nutzen und negativen Folgen der Maßnahmen werden von öffentlichen Behörden nicht ausreichend erhoben oder veröffentlicht. Obwohl randomisierte kontrollierte Studien zu Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe schon vor der Impfkampagne gefordert wurden und angesichts der langsamen Impfkampagne gut möglich gewesen wären, haben die öffentlichen Behörden in Deutschland diese bisher nicht durchgeführt.

Das Ziel einer Impfung sollte sein, Tod oder Krankheit unabhängig von der Ursache zu verhindern. Die mir bekannten Daten zeigen bisher lediglich eine Reduktion von Ereignissen (Hospitalisation, Erkrankung) mit Nachweis von SarsCoV2, Studien in denen eine reduzierte Gesamtmortalität oder Morbidität nachgewiesen wurde, sind mir nicht bekannt.

Dennoch ist aufgrund der abnehmenden Mortalitätsrate bei SarsCoV2 Infektion in der dritten Welle im Vergleich zur zweiten Welle aus meiner Sicht von einem relevanten Nutzen der Impfung über einen noch unbekannten Zeitraum für ältere und kranke Menschen auszugehen, für jüngere und gesunde Menschen ist aus meiner Sicht nicht geklärt, ob Nutzen oder Schaden überwiegt.

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